«Man muss an sich arbeiten,
um zufrieden zu sein»

Emma Brülisauer-Diesterweg lebt seit Anfang Jahr im Seniorenheim Neckertal der Stiftung Liebenau in Brunnadern SG. Sie ist 1933 geboren und wuchs in Zürich zur Kriegszeit auf. Die Coronakrise ist also nicht die erste in ihrem Leben. Die älteren Menschen seien durch Covid-19 stärker eingeschränkt, findet sie. Doch Jammern nütze nichts. Das Leben lehre einen Geduld und Verzicht. Sie durchlief manche Station. Die Frohnatur aus ihrer Kindheit konnte sie bewahren. Und – noch ein Vorteil – sie weiss sich zu beschäftigen.

NOTIERT VON MICHAEL WALTHER, REDAKTOR NEWSLETTER
PRO SENECTUTE KANTON ST. GALLEN


Wir haben viel Zeit hier drin. Doch für mich gibt es keine Langeweile. Ich habe viel Arbeit. Aber für Leute, die keine Handarbeit machen, sind die Tage lang.

Den Stickrahmen hier an meinem Tischlein besass ich schon daheim. Ja er begleitete mich durchs Leben. Ich sticke und stricke nach wie vor. Mit Malen begann ich nach dem Einzug ins Heim.

Hauptsächlich stricke ich Socken für meinen Schwiegersohn. Ich mache auch oft Spiele mit einigen Bewohnerinnen. So wird mir die Zeit nicht lang.

Den Stickrahmen benützte ich also schon zu Hause. Zum ersten Mal aufgetaucht in meinem Leben ist er, als ich etwa 25 war. Ich erhielt ihn von meinem lieben Mann. Er tut alles für mich.

Gestickt und gestrickt habe ich aber schon von klein auf, weil ich Freude daran habe. Und weil es auch den Leuten Freude bereitet.

Zwei Esstischdecken befinden sich immer noch daheim. Sie sind langlebig, wenn man ihnen Sorge trägt. Meine Tochter «spienzelt» schon lange darauf.

Man verwendet einen Gobelin und stickt darauf mit Wolle. Ich verwende verschiedene Stiche, nicht nur Kreuz-, sondern auch Flach- und Spannstich. Für mich ist das nicht schwierig. Für andere vielleicht schon.

Die eine Decke enthält ein Blumensujet, die andere die Wiederholung eines Ornaments im Kreuzstich. Die Gobelins sind beige, die Sujets farbig. Ich habe keine Lieblingsfarben. Aber ich mag alles Bunte.


Emma Brülisauer-Diesterweg, hier in ihrem Zimmer im Seniorenheim Neckertal in Brunnadern SG, ist 87 Jahre alt. Sie erlebte manches Schöne; aber auch manche Krise. Covid-19 ist nicht die erste. Man muss an sich arbeiten, um zufrieden zu sein, sagt sie aus Erfahrung und Überzeugung. Und sich bis ins hohe Alter zu beschäftigen wissen... Bild: Michael Walther

Ich bin mit meinen Eltern im Zürcher Quartier Friesenberg aufgewachsen, wo sich viele Villen mit grossen Gärten und vielen Pflanzen befinden. Wir wohnten in der Reihenhaussiedlung einer Genossenschaft. Mein Vater war Postbeamter, meine Mutter Schneiderin und Hausfrau. Da liegt das Sticken nahe.

Kundenaufträge übernahm meine Mutter nur auf Anfrage. Aber sie nähte alle unsere Kleider. Ich habe es nicht immer gern gesehen, wenn sie an der Maschine sass. Ich hätte sie als Kind manchmal lieber mehr für mich gehabt. Ihr Verhalten war aber naheliegend. Es waren Kriegszeiten, und man musste sparen.
Als der Krieg ausbrach, war ich sechs. Oft mussten wir in den Keller, wenn es wieder einmal brummte und der Himmel von Schaffhausen her blutrot flammte. Unser Vater erklärte oft am Familientisch, was im Krieg geschah. Auch vom Schicksal der Juden erfuhren wir.

Ich war sechs bei Kriegsausbruch – und zwölf bei dessen Ende. Ich erinnere mich sehr gut an den Krieg, wenn es am Himmel wieder einmal brummte und wir in den Keller fliehen mussten. Dort sassen wir ohne Beleuchtung und gar nichts. Natürlich hatte ich Angst. Schaffhausen war nah und wurde bombardiert. Der Himmel glühte jeweils blutrot von der Landesgrenze her.

Heute werden die Menschen, die den Krieg noch erlebten, immer seltener. Ich würde ihnen sagen, sie sollen Sorge tragen, dass es ja keinen Krieg mehr gibt. Erstens hatten wir zu wenig zu essen. Wir litten zwar nicht Hunger, aber es musste doch mit dem Essen und den ganzen Lebensmittelmarken gespart werden. Alles war rationiert.

Zweitens lebte man in Angst. Der Hitler war alles andere als ein nobler Mensch. Klar, wir in der Schweiz durften nicht jammern. Aber man erlebte doch, was die Deutschen mitmachen mussten. Die Sirenen und die Aufenthalte im Keller waren nicht schön für eine Kindheit, auch wenn einen die Eltern beschützten, so gut es ging. Man wusste eben nie, erwischt es uns vielleicht doch noch einmal.

Doch abgesehen davon, dass wir mit dem Essen einteilen mussten und wenig Geld besassen, hatten wir es ja noch schön.

Vater sprach sehr viel mit uns über die Kriegszeit und alle aktuellen Ereignisse. Als Postbeamter war er Mitglied der Gewerkschaft, aber keiner Partei. Er erklärte uns, was der Krieg soll. Nämlich eigentlich gar nichts. Er sagte immer, sie streiten um des Kaisers Bart. Auch was gegenüber den Juden geschah, erklärte uns Vater gegen Kriegsende, als ich etwa in der sechsten Klasse war.

Ich hiess ledig Diesterweg, ein deutscher Name. Auf ihn war ich immer stolz. Ganz entfernt stammten meine Vorfahren aus England. Meine Eltern wuchsen beide in der Schweiz auf. Mein Vater war Zürcher wie meine Mutter. Ich bin daher eine Stadtzürcherin.

Ich hatte noch eine ältere und eine jüngere Schwester. Beide leben noch, die eine immer noch in Zürich, die andere in Gossau ZH. Sie sind bei guter Gesundheit. Mein Vater wurde leider nur 74, die Mutter fast 90.
Trotz dem Krieg erlebten wir eine schöne Kindheit. Vater ging mit uns immer spazieren und irgendwo Zvieri essen. Was immer bei uns daheim gesagt wurde, galt. So lernte ich nicht, mich zu wehren. Ich hatte es gar nicht nötig.

Der Vater ging mit uns spazieren und immer irgendwo Zvieri essen. Ich hatte eine gute Kindheit und ein wunderbares Elternhaus. Schöner geht es nicht. Das prägt einen, es machte mich zu einer offenen, aufgeschlossenen Person. Und diese positive Art konnte ich behalten, trotz Schicksalsschlägen, die sich in jedem Leben ereignen.

Mein Mann zum Beispiel wuchs vorerst nicht so geborgen auf. Er ist allem gegenüber viel misstrauischer. Und er konnte sich schon früh wehren – was ich nicht lernte. Ich hatte es nicht nötig.

Was bei uns daheim gesagt wurde, stimmte und wurde hernach auch so gemacht. Deshalb verlief meine Kindheit insgesamt, und abgesehen vom Krieg, ohne Spannungen und friedlich. Wir erhielten zum Beispiel nie Schläge. Wenn wir mal was Dummes anstellten, mussten wir für den Garten Torfmull reiben. Wir mussten ihn mit einer Hacke vom Klotz abschaben. Eine blöde, mühsame Angelegenheit.

Die Schule besuchte ich im Friesenberg, die Sekundarschule dann im Bühl-Schulhaus. Mein Vater sagte uns allen Dreien, ihr könnt lernen, was euch Freude macht. Es hätte auch eines studieren dürfen, wenn es gewollt hätte. Ich lernte Verkäuferin. Ich wäre kein Büromensch gewesen. Ich brauchte Bewegung. Das Reden und der Kontakt mit den Leuten gefielen mir gut.

Die Lehre machte ich in Zürich im Lebensmittelverein – der Vorgängerorganisation des Konsums, und zwar in der Filiale an der Bäckerstrasse. Ich konnte zu Fuss dorthin gehen. Schon nach der Lehre übernahm ich ein Selbstbedienungsgeschäft in Wiedikon als Filialleiterin. Ich hatte hier sechs Mitarbeiterinnen.
Nach der Verkaufslehre leitete ich bald eine Selbstbedienungsfiliale in Zürich. Danach kam ich ins Toggenburg, wo ich in Wattwil in einer Metzgerei arbeitete. Als ich dies wegen Rheumatismus aufgeben musste, übernahm ich den «Adler» in Wald-Schönengrund. Dort lernte ich meinen Mann kennen. 1966 heirateten wir. Unsere Tochter kam 1971 zur Welt. Wir mussten lange auf sie warten.

Ich heiratete relativ spät. Durch eine Gelegenheit kam ich Anfang der 1960-er Jahre ins Toggenburg, wo ich in der damaligen Metzgerei Früh in Wattwil als Verkäuferin arbeitete. Leider musste ich die Arbeit schon nach kurzem aufgeben, weil ich wegen der Kälte unter Rheuma zu leiden begann.

Dies war einer der Schicksalsschläge in meinem Leben. Für mich stellte sich die Frage, wie es nun weitergehen soll. Ich hörte, dass in Wald-Schönengrund eine Wirtschaft zur Pacht ausgeschrieben war – der «Adler», damals eine einfache, heimelige Gaststätte für die Dorfbevölkerung.

Ich kam zum Schluss, dass es schön wäre, etwas Eigenes zu haben, und bewarb mich, und so übernahm ich im Herbst 1963 die Wirtschaft. Ausserdem absolvierte ich die Wirtefachschule in St. Gallen.

Ich muss sagen, dass ich im Toggenburg und dort an der Grenze zum Appenzellerland gut aufgenommen wurde. Dies war gewiss nicht selbstverständlich. Die Toggenburger sind ja ein eigenes Völklein. Vielleicht geschah dies so aufgrund meines Wesens. Ich blieb halt immer freundlich.

Im Gasthof verkehrten viele Männer, ich war jung, und da musste man sich manchmal wehren. Das lernte ich dann schon. Aber im Ganzen gab es keine Probleme. Und hatte mal einer zu viel getrunken, sagte ich mit Anstand: «Das ist das letzte Bier. Seien Sie so gut und gehen Sie nachher nach Hause.» Etwas anderes konnte ich ja nicht tun. Und die meisten kamen anderntags, um sich zu entschuldigen.

Zu den Gästen zählten die Bauern der Umgebung, Waldarbeiter, Leute vom Land, einfaches Volk. Und hier lernte ich auch meinen Mann kennen. Er stammte aus Brunnadern und war Schreiner, hatte hier die Lehre gemacht und arbeitete in der Schreinerei. In den «Adler» hatte er sich deshalb verirrt, weil ihm Kollegen sagten, da müsse er hingehen. Dort habe es eine rassige Wirtin.

So ergab sich der Kontakt. Wir verliebten uns, und am 30. Juli 1966 heirateten wir in der evangelischen Kirche in Wattwil.

Mein Mann ist zehn Jahre jünger als ich. Bald nach der Heirat erhielt er ein Stellenangebot in Sissach Baselland bei «Wohntipp». Es war eine Superstelle, an der er fast bis zu seiner Pensionierung tätig blieb. Wir zogen also um. In Sissach arbeitete ich wieder als Verkäuferin; nicht als Filialleiterin.

Wir mussten lange warten, bis 1971 unser Kind, Denise, zur Welt kam. Ich war bereits 38. Im Spital Liestal sahen sie mich nicht gerne. Nach ihrer Geburt war ich einfach nur glücklich. Denise besuchte die Schulen in Sissach und Basel-Stadt. Als sie etwas älter war, nahm ich nochmals eine Erwerbstätigkeit an. In der Wernli AG in Sissach – sie stellte unter anderem Samtbändel her – arbeitete ich als Angestellte im Bereich Veredelung.
Mein Mann ist ein sensibler, feinfühliger Mensch. Wir hatten es immer schön zusammen.

Mein Mann hatte schon in jungen Jahren gesagt, er wolle wieder zurück. Sobald er pensioniert sei, ziehe er wieder nach Brunnadern. Hier lebte immer noch seine Pflegemutter, die wir jeden Samstag oder Sonntag besuchten – eine weite Fahrt mit dem Auto.

Ich kehrte früher nach Brunnadern zurück. Unsere Tochter war erwachsen. Mein Mann erkrankte, noch während er arbeitete, schwer an Leukämie. Am Schluss durfte er noch einen halben Tag arbeiten. Schliesslich beendete er die Berufstätigkeit wenige Jahre vor seiner Pensionierung.

Nun kam auch er wieder nach Brunnadern zurück. Wir übernahmen die Liegenschaft, in der früher seine Pflegemutter gewohnt hatte und um die ich mich seit meiner Rückkehr nach Brunnadern bereits gekümmert hatte – ein altes Schindelhaus an der Furtstrasse, nahe der Brücke und nahe des Neckers. Wir mussten ihr das Haus abkaufen.

Die Gesundheit meines Manns verbesserte sich wieder. Er besiegte die Leukämie. Heute leidet er eher am Herzen. Ansonsten verbrachten wir hier das Leben gemeinsam ohne Sorgen. Wir hatten all die weiteren Jahre eine schöne und friedliche Zeit – wobei ich in meinem Leben eigentlich von meiner Kindheit an immer schöne Zeiten hatte. Mein Mann ist ein sensibler, feinfühliger Mensch. Wir hatten es immer schön zusammen.
Ich zog Anfang Januar 2020 ins Altersheim. Zwei Mal war ich gefallen, und ein weiterer Verbleib in unserem gemeinsamen Haus wäre zu risikoreich gewesen. Am Anfang verkraftete ich es fast nicht ohne meinen Mann.

Am 1. Januar 2020 kam ich ins Altersheim. Ich erlitt zwei Mal einen Bruch und konnte die Stiegen nicht mehr erklimmen. Das Leben im Haus wurde wegen meines Alters immer beschwerlicher. Es wäre zu riskant gewesen, weiter zu Hause wohnhaft zu bleiben.

Ich muss sagen, dass die Anfangszeit im Altersheim sehr schwer für mich war. Ich verkraftete es fast nicht ohne meinen Mann. Inzwischen habe ich mich eingelebt. Es gibt nichts mehr anderes. Ich muss auch sagen, dass wir es hier sehr schön haben. Mein Mann kommt mich fast jeden Tag besuchen. Jetzt bin ich wieder zufrieden.

Vor zwei Monaten stürzte ich allerdings auch hier wieder und brach mir den linken Arm. Ich bin Rechtshänderin. Der Unfall beeinträchtigt mich noch immer beim Sticken. Aber etwas muss man tun. Dann schmerzt es halt nach der Arbeit ein wenig. Immerhin, ich bin auf dem Weg der Besserung.
Ich glaube schon, dass die Einschränkungen durch Corona viele ältere Menschen besonders stark treffen. Manche werden selten besucht. Sie sind oft allein. Das finde ich tragisch. Mit einigen suchte ich das Gespräch. Aber sie begannen zu weinen, da wollte ich die Wunde nicht noch vertiefen.

Mit Corona ist jetzt nach langem erstmals wieder eine Krise auf unsere Gesellschaft zugekommen – wie sich seit dem Zweiten Weltkrieg keine mehr ereignete. Ich habe den Krieg erlebt. Viele nach mir Geborene kannten nie eine solche Krise. Sie erfahren das jetzt, abgesehen von persönlichen Rückschlägen in ihrem Leben, vielleicht zum ersten Mal.

Was Corona betrifft, so meine ich, dass man keine Angst vor der Krankheit haben darf. Aber Respekt!

Selbstverständlich waren die Einschränkungen im Altersheim hart. Zwei Monate im Frühjahr durfte man gar keinen Besuch mehr empfangen. Auch mein Mann durfte mich nicht mehr besuchen. Dies war für mich schlimm. Wir telefonierten jeden Tag. Es war für ihn mindestens so schwierig. Er sass ja nun auch plötzlich mausbeinallein in der Wohnung.

Jetzt können wir uns wenigstens wieder sehen. Er kommt viel am Nachmittag, und dann vertreiben wir uns die Zeit zum Beispiel «Rummikub», was ich auch oft mit zwei Bewohnerinnen spiele. Natürlich gibt es auch Leute hier im Haus, die den Sicherheitsmassnahmen nicht so gut Folge leisten. Sie benehmen sich ein wenig, als wäre ihnen das alles wurst. Das ist auf jeden Fall nicht die richtige Haltung.

Ich glaube schon, dass die Einschränkungen durch Corona, vor allem, wenn die Massnahmen jetzt auf den Winter 2020/21 wieder verschärft werden, die älteren Menschen besonders hart treffen. Es gibt Bewohnerinnen und Bewohner im Altersheim, die sehr selten Besuch erhalten. Sie sind sehr oft allein. Und das finde ich tragisch.

Ab und zu habe ich mit ihnen geredet, doch: Sobald man damit beginnt, fangen sie zu weinen. Da sagte ich mir: Du besprichst lieber etwas Fröhliches mit ihnen. Erstens geht mich ihr Schicksal nichts an. Zweitens möchte ich ihre Wunden nicht noch grösser machen.
Es bleibt einem auch bei Corona nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen. Natürlich wäre es im Leben manchmal einfacher, alles hinzuwerfen. Aber man kann nicht überall davonlaufen. Im Alter noch viel weniger. Man muss an sich arbeiten, damit man zufrieden ist. Bis zuletzt. Sonst geht es nicht.

Ich habe die Einschränkungen im Altersheim bis jetzt ausgehalten, weil ich viel arbeite und wegen meiner Freundinnen hier, mit denen ich oft spiele. Wichtig ist auch, dass mein Mann mich wieder besuchen kommen kann. Er muss dann immer eine Maske tragen. Ausserdem lädt uns unsere Tochter jeden Sonntag zu sich ein. Sie führt ein Restaurant in Wattwil, arbeitet viel – und auch sie musste eine Weile schliessen.

Jetzt gegen den Winter müssen wir schauen, wie es mit Corona weitergeht. Man muss sich, so gut es geht, beschäftigen und das Beste daraus machen. Etwas anderes bleibt einem nicht übrig.

Es ereignen sich sicher in jedem Leben Situationen, in denen man am liebsten alles wegwerfen möchte. Aber man kann nicht überall davonlaufen. Und wenn man älter ist, geht dies noch weniger. Man hat dann vielleicht im Leben gelernt: Geduld zu haben. Und man muss viel lernen, bis man alt ist!

Zurückstehen zählt im Alter sicher dazu. Und verzichten. Man muss sich einfach bewusst sein, dass man nicht mehr alles tun kann, was man will. Es geht einfach nicht. Und ich habe viel machen können.

Allen geht es gleich: Wenn man jung ist, sieht man die älteren Menschen, aber begreift das noch nicht so. Dann denkt man nicht ans Altersheim. Man sagt dann vielleicht rasch, jetzt jammert sie – oder er – schon wieder. Und inzwischen muss man eben selber an sich arbeiten, dass man genau das nicht tut.

Die Pflegerinnen hier sind top. Sie geben alles. Ich bin zufrieden und glücklich jetzt. Aber man muss an sich arbeiten, wenn man hier drinnen ist. Sonst geht es nicht.

Das Gespräch wurde am 6. November 2020 im Seniorenheim Neckertal der Stiftung Liebenau in Brunnadern SG geführt. Pro Senectute Kanton St. Gallen dankt sowohl Emma Brülisauer-Diesterweg als auch Institutionsleiter Roman Strübi für die Mitarbeit.